Huhu!
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt unbeliebt mache:
Ich finde für die geschilderte Geschichte die genannten 170 Euro nicht überteuert, sondern durchaus angemessen.
Sicherlich ist das ein Haufen Kohle - ich verdiene in 3 Tagen nicht so viel, das nur mal so am Rande. Man muss da aber mal das Drumherum sehen:
- Klauswolf schrieb dass das ca. zwischen 20 und 21 Uhr war - das ist weit außerhalb der üblichen Geschäftszeiten, somit sicherlich dicker Notdienst-Zuschlag
- der Schlüsseldienst bezahlt seinen Mitarbeiter die ganze Nacht für seinen Bereitschaftsdienst, egal ob er überhaupt einen Einsatz hat oder nicht
- der Schlüsseldienst bezahlt seinen Mitarbeiter auch, wenn dieser krank ist oder Urlaub hat - das muss auch irgendwie in die Kalkulation eingerechnet werden
- die Anfahrtskosten werden oft pauschal berechnet - mein Gas/Wasser/Schei*e-Installateur (auf den ich echt nichts kommen lasse!!!) hat seinen Betrieb keine 500 Meter von mir weg und berechnet mir trotzdem pauschal dieselben Anfahrtskosten wie einem Kunden am anderen Ende der Stadt. Ist für mich ungerecht, aber für ihn stimmt es halt im Durchschnitt und ich verstehe dass er keinen Bock hat jeden km einzeln auszurechnen - das kostet Zeit und die ist wiederum bares Geld... Außerdem kostet eine Anfahrt ja auch nicht nur Fahrzeugkosten, sondern Arbeitszeit. Soll man dann im Einzelfall einem Kunden mehr berechnen, weil man auf den 2km Anfahrt wegen einer Baustelle eine Stunde im Stau gestanden hat?
- Vielleicht sind sogar die gesamten 170 Euro eine Pauschale, für die jedes Schloss von "Gartenschuppentür" bis hin zu "hochmodern und 5-fach-verriegelt" geöffnet wird
- Klauswolf hat nicht verraten, was für die 170 Euro eigentlich genau gemacht wurde. Für "einmal Ziehblech durchziehen" ist das natürlich viel Geld, aber für "am späten Abend Schloss aufbohren und neues Schloss einbauen, damit die Tür wieder abschließbar ist" sind 170 Euro doch fast schon ein Schnäppchen, oder?
- Das ganze Werkzeug, das der Schlüsseldienst für alle möglichen Eventualitäten bereithält, muss ja auch irgendwie bezahlt und auf den einzelnen Einsatz umgerechnet werden. Wir sind hier unter Autoschraubern, also wisst ihr auch alle, was gutes Profiwerkzeug kostet. Da kann es schnell mal sein, dass Mr. Schlüsseldienst in seinem Caddy Werkzeug für 5000 Euro in der Gegend spazieren fährt. Was kostet ein Akku-Winkelschleifer von "Bosch blau" im Systainer? Richtig. Und dann noch zwei Akkuschrauber, eine Stichsäge, eine Säbelsäge, eine Kreissäge, ein GOP oder wie das Multitool heißt und 2-3 netzgetriebene Maschinchen sowie das Zubehör (Sägeblätter, Bohrer, Bits, ...) dazu, dann haben wir die 5000 Euro schon erreicht, ohne dass Mr. Schlüsseldienst auch nur einen einzigen Schraubendreher oder eine Zange besitzt....
- Weitere Betriebskosten wie Firmengebäude, Schulungen der Mitarbeiter, Versicherungen, hübsche Internetpräsenz, ........
- Ich weiß nicht wie das in der Branche ist, aber bei uns ist es laut Tarifvertrag so, dass bei Rufbereitschaft, also wenn ich zu Hause sitze und darauf warte dass Cheffe mich zu sich herzitiert, unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit 1.) mindestens 3 Stunden pro Einsatz für den Arbeitnehmer vergütet werden müssen, 2.) ich mir die volle Zeit ab der ersten Sekunde des Anrufs als Arbeitszeit aufschreiben darf, auch die Anfahrt zum Arbeitsplatz, die ich ja normalerweise nicht bezahlt bekomme und 3.) natürlich auch die Rufbereitschaftszeit selbst vergütet wird, wenn auch nicht doll (ich glaube zu 1/3 oder sowas).
Alles in allem sind 170 Euro wirklich nicht nett für den Geschädigten, aber aus unternehmerischer Sicht irgendwie durchaus nachvollziehbar, würde ich sagen. Dumm und dämlich wird er sich daran jedenfalls definitiv nicht verdienen.
Liebe Grüße,
Thomas