Irgendwie macht es mir Spass, Menschen in normalen Alltags-Situationen
völlig aus dem Konzept zu bringen. Wie wieder mal neulich in meiner
Lieblingsmetzgerei...
Folgende Situation:
Hinter mir eine Schlange, vor mir eine dieser netten
Fleischereifachverkäuferin.
"Einmal von dem Schwarzwälder Schinken"
"100 Gramm?"
"Ja!"
"Darf's etwas mehr sein?"
"Ja klar!" (Typisch, SO kann man auch Kohle machen!)
"Darf's sonst noch was sein?"
Ich finde die klassische Bestellerei öde. Also denke ich, ich bin mal
flexibel:
"Ja, bitte noch 113 Gramm Aufschnitt!"
Totenstille in der Metzgerei. Was ist das denn für eine Bestellung?
"113 Gramm?!?" Die Fleischfachkraft starrt mich an, als hätte ich gesagt,
sie legt beim Wiegen jedes Mal ihre Brüste mit auf die Waage. Sie versucht
es mit dem ich-habe-mich-verhört-Trick: "100 Gramm Aufschnitt, jawoll!".
Aber nicht mit mir! "Nein, 113 Gramm, bitte!!"
"113 Gramm?"
"So ist es!".
100 Gramm kann sie schätzen, hat sie ja den ganzen Tag. Aber 113 Gramm, DAS
ist eine Herausforderung - zumal, wenn der Laden voll ist wie ein Kölner im
Karneval. Sie packt den Aufschnitt, legt ihn auf ein Stück Papier und auf
die Waage. Die Digitalanzeige blättert sich auf 118 Gramm.
"Darf's ein bißchen mehr sein?" Sie ist schlau!!
Ich lächle, um sie in Sicherheit zu wiegen, dann sage ich: "Nein, genau 113
Gramm, bitte!!"
Sie atmet schwer. Hinter mir immer noch Totenstille. Ein Huster. Die ganze
Metzgerei beobachtet wie erstarrt den Showdown zwischen
Fleischereifachverkäufer-Woman und Super-Asshole. In Zeitlupe schneidet sie
ein Wurststückchen und legt den Aufschnitt auf die Waage. 114 Gramm! Sie
will die Wurst gerade einpacken. "Nein", sage ich, "ich möchte bitte genau
113 Gramm!!". Ich drehe mich zu den Wartenden um. "Ärztliche
Empfehlung!", lächle ich. Es nutzt nichts. Einer ballt die Fäuste. Aber
jetzt gibt es kein Zurück mehr. Meine bislang freundliche Bedienung
knirscht mit den Zähnen, schneidet noch ein Stückchen von einem
Wurstscheibchen ab, lässt erneut die Waage entscheiden. Wie in Zeitlupe
erscheinen die Zahlen und bleiben bei genau 113 Gramm stehen!! Hinter mir
atmen die Menschen und auch meine Fleischereifachverkäuferin
auf. Geschafft. Das A****loch ist befriedigt!! "JETZT dürfen Sie
einpacken", erkläre ich generös, im Bewusstsein, sie besiegt zu haben. Die
empört murmelnden Stimmen "Vollidiot!", "Kniebohrer!" und "Knalldepp!"
hinter mir ignoriere ich. Ich bekomme mein Fleisch gerade NICHT direkt ins
Gesicht geschmissen, zahle an der Kasse und noch währenddessen frage ich
die Besiegte freundlich: "Was machen Sie eigentlich mit den abgeschnittenen
Halb- und Viertel-Scheiben?"
"Die werfe ich weg. Wieso?"
"Och", sage ich verbindlich, "bevor Sie die wegschmeissen, könnten Sie sie
ja auch MIR geben..."
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Im Krankenhaus hat man mir später erzählt, sie hätten drei Stunden
gebraucht, um mir die Kalbshaxe aus den Rippen zu operieren...